Wer in einem trübseligen Schwarzwald-Städtchen zwischen geräuchertem Speck und handgeschnitzten Kuckucksuhren aufgewachsen ist, dem ist ein Leben als Traumtänzer gewiss. Denn mit den armseligen Gaben, Kirschtorten zu lieben, der Kälte zu trotzen und in sich hinein zu schweigen, bleibt ihm nur, sich seinen Sehnsüchten hinzugeben und sich in sein unvermeidliches Schicksal zu fügen.
Es sei denn, ein göttlicher Fingerzeig weist dem Taugenichts einen Weg hinaus aus dem Schwarzen Wald, wo er auf einer nahen Lichtung einem Rudel Artgenossen begegnet, die mit ihren prallen Einkaufstüten durch bunte Einkaufsstraßen schlendern und nach Glück und Wohlergehen trachten.
Spätestens dann wird es ihm wie Schuppen von den Tannenzapfen fallen, dass er diesem leutseligen Treiben nur gewachsen sein wird, wenn er sich einreiht und gleichermaßen Golfbällchen schlägt, Tontauben erschießt und das intuitive Bogenschießen als unausweichlich schätzen lernt.
Oder aber er schert aus und verschreibt sich der „bildenden“ Kunst, weil er spürt, dass zwischen sinnfreien Kriegen, anklagenden Hungersnöten und wutentbrannten Flutwellen das Leben selbst immer mehr zu einer Kunst, zu einer „Kunst des (Über-)Lebens“, verkümmert.
Wobei das Schöne an dieser Art der Kunst darin besteht, dass sie wahr ist, das Wahre an ihr aber oft alles andere als schön. Und deshalb muss diese „Lebenskunst“ mehr denn je von der „bildenden Kunst“ eines Taugenichts porträtiert und vor das Auge des Betrachters gezerrt werden. Um ihn aufzurütteln und womöglich sogar Betroffenheit auszulösen.
Wie das geht? Nun, indem der Taugenichts seiner Kunst beispielgebenden Gehalt verleiht und mit ihrer Einmaligkeit und zugleich Universalität zu überzeugen versucht.
Sinnhafte „bildende Kunst“ darf also für sich durchaus beanspruchen, nicht nur profane Zierde einer raugefaserten Tapete sein zu wollen, sondern ihren mahnenden Finger heben zu dürfen, ihn in Wunden zu legen und womöglich sogar genüsslich darin zu bohren. Denn auch der Betrachter ärgert seinen Nachbarn, isst seinen Teller nicht leer und wärmt seine klammen Finger an einem rußigen Holzofen. An all` dem darf, ja muss die „bildende Kunst“ eines Taugenichts rütteln.
Und wenn es ihm dann noch gelingt, Bewusstsein und Erkenntnis mit Ästhetik und Anmut zu überbrücken, hat er alles erreicht, was wir ihm abverlangen dürfen: Mit der Wucht seiner Farben ein Konzert der Sinne zu komponieren und ihm hellen Klang und tiefen Nachhall zu verschaffen.
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Dr. Bernd Stockburger
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